Ich bin sooo genervt!!! Ich habe einen Bekannten beauftragt, meine Webseite zu überarbeiten. Die Deadline Ende November war von ihm bestätigt. Nun ist es Januar, ich habe ihn bereits voll bezahlt und er liefert einfach nicht. Entweder werde ich vertröstet oder er reagiert nicht auf Nachrichten und Anrufe. Ich habe ihm geschrieben, dass ich ärgerlich bin. Zurück kam: „Du weißt doch, was bei mir los ist!“ Ja, das weiß ich – er ist gerade Vater geworden. Aber ich brauche meine neue Webseite und allein kann ich es nicht!
Ich kann deinen Ärger und deine Hilflosigkeit sehr gut nachvollziehen. Du hast schon investiert und erhältst anstelle des gewünschten Ergebnisses eine blöde Ansage, die dich überhaupt nicht weiterbringt, die sogar respektlos ist. Da wär ich auch angefressen. Aber:
Als Unternehmer trägst du zum Versagen externer Dienstleister bei
In dem Moment, als du deinem Bekannten den Auftrag erteilt hast, hast du dir den Chef-Hut aufgesetzt. Das heißt, du bist für das Gelingen der Chef-Mitarbeiter-Beziehung mitverantwortlich.
Die groben Bedingungen der Zusammenarbeit werden eigentlich in einem Vertrag geklärt. Die Bezahlung sollte auf Basis erreichter Meilensteine erfolgen.
Wenn du die vertragliche Regelung im Vorfeld versäumt hast und auch sonst erwartet hast, dass er das Projekt ohne dein Zutun schon stemmen wird, hast du dem Dienstleister zu viel Verantwortung übertragen und deine Pflichten als Chefin nicht wahrgenommen.
Sorry, aber du hast einen Anteil am Misslingen des Auftrags.
Auch externe Dienstleister benötigen ein Mindestmaß an Führung
Es ist ein fataler Irrtum, dass man Dienstleister einfach vor sich hin wurschteln lassen kann und erwarten kann, dass sie dann schon liefern.
Auch Freelancer oder externe Dienstleister benötigen ein Mindestmaß an Führung.
Das heißt:
- Erwartungskommunikation
- regelmäßiger Kontakt mit Statusabfrage und Zielerreichungsgrad
- abgestimmter Projekt-/Meilensteinplan
- Beziehungspflege
Als Unternehmer trägst du die Gesamtverantwortung für jedes Projekt
Häufig wird erwartet, dass die Dienstleister all das von sich aus leisten. Sie sollen E-Mails mit Zusammenfassungen schicken, ihre Deadlines einhalten, über Projektfortschritt und Hindernisse informieren und zwar ohne, dass sie je danach gefragt werden.
Ich habe in meiner 13jährigen Tätigkeit im Unternehmen höchst selten erlebt, dass die externen Dienstleister, mit denen ich zusammen arbeitete, dies zufriedenstellend getan hätten. Das Projektmanagement ging in den allermeisten Fällen von mir aus.
Und das ist auch richtig so. Der Dienstleister hat mit zahlreichen Auftraggebern zu tun. Auf Unternehmensseite weiß ich nichts darüber, wie er intern organisiert ist und wie strukturiert er arbeitet. Wenn ich das erste Mal mit Externen zusammen arbeite, muss ich die Zügel selbst in die Hand nehmen, meine Erwartungen deutlich machen und den Dienstleister entsprechend steuern.
Denn: ICH fühle den Schmerz, wenn ein Projekt nicht erfolgreich abläuft oder zu spät fertiggestellt wird, nicht der Dienstleister. MIR geht Geschäft verloren. Und wertvolle Zeit, die ich hätte in das Wachstum meines Unternehmens investieren können.
Was kannst du nun tun, um zu retten, was zu retten ist?
Schieb deinen Ärger in den Hintergrund, tritt in Beziehung
Es hilft, in Beziehung zu treten. Und zwar persönlich. Gerade, wenn es ein Bekannter ist.
Überwinde den Wunsch nach Rache und Bestrafung. Lass deinen Ärger bei dir.
Schau vorbei, schreib einen Brief, schick Blumen – ja, Blumen! Auch wenn es paradox klingt. Du tust es für dein gewünschtes Ergebnis.
Mach ein Beziehungsangebot, zeig, dass er mit dir reden kann, ohne Angst vor einem Anpfiff haben zu müssen. Das riesengroße schlechte Gewissen macht er sich schon selbst. Tauchst du wutschnaubend auf, wird er selbst mit Flucht (Entschuldigungen, Rechtfertigungen, Weinerlichkeit) oder Angriff (Schreien, Schimpfen, Herabwürdigung) reagieren. Das ist keine Basis, um deinem Ziel näher zu kommen.
Äußere Verständnis für seine Situation. Vielleicht bekommst du es sogar hin, das bereits Geschaffte zu würdigen. Sei neugierig, was er brauchen würde, um die Webseite fertigzustellen und wie lange es seiner Meinung nach noch dauert. Geh nicht ohne klare Ansage wieder nach Hause, ob und wann er was liefern kann. Kündige die Schritte an, die du unternimmst, wenn er seine Versprechen nicht einhält (Mahnung, Auftrag jemand anderem geben, …).
Ich bin überzeugt, dass es euch beiden nach einem persönlichen Gespräch besser geht. Konflikt bedeutet Wachstum. Ob du dich beim nächsten Projekt noch einmal für diesen Dienstleister entscheidest, bleibt natürlich dir überlassen.
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