Vor einiger Zeit kam die Inhaberin einer kleinen Physiotherapie-Praxis zu mir ins Coaching. Mit ihrer Angestellten kam es ständig zu Konflikten. Auf eine unschöne passiv-aggressive Art. Die beiden Frauen kommunizierten oft tagelang nur kurz und knapp, begleitet von viel Augenbrauen-Hochziehen, Augenrollen und demonstrativ tief Luft holen.

Meiner Klientin – und wahrscheinlich auch der Mitarbeiterin – war die Freude an der Arbeit vergangen. Sie fürchtete jeden Tag den Moment, ihre Praxis zu betreten.

Zusätzlich war sie einfach ratlos. Sie schätzte die Mitarbeiterin als Mensch und auch ihre Arbeit, hielt sie für eine herausragende Therapeutin und verlässliche Kollegin.

Auf die Frage, wann es denn schon einmal anders gewesen sei, fiel meiner Klientin nichts ein.

Nach minutenlangem Überlegen erinnerte sie folgende Begebenheit: „Einmal habe ich meine Mitarbeiterin zum Frühstück eingeladen. Diesen Tag hatte sie schon 3 Wochen im Voraus rot in ihrem Kalender eingerahmt, ganz dick.“ Nach dem Frühstück war die Mitarbeiterin für ein paar Tage sehr zugänglich und freundlich gewesen.

Aaaahhhh – großer Aha-Moment.

Auf die Frage, wieviel Anerkennung und Wertschätzung die Chefin ihrer Mitarbeiterin entgegen brachte, meinte sie: „Dafür habe ich im Alltag keine Zeit! Wir arbeiten in 2 Schichten und geben uns die Klinke in die Hand, sehen uns keine 5 Minuten, und die brauchen wir für die Übergabe. Der nächste Patient wartet dann meistens schon.“


Für den Rest der Sitzung schrieb meine Klientin Dinge auf, für die sie ihrer Mitarbeiterin dankbar war.

Als Hausaufgabe gab ich auf: „Finden Sie jeden Tag Gelegenheiten, ihrer Mitarbeiterin Ihre Wertschätzung zu zeigen.“

3 Wochen später erhielt ich eine E-Mail: „Frau Dudda, das Problem ist gelöst. Ich komme nun jeden Tag 10 Minuten eher und nehme mir mehr Zeit für die Übergabe. Dabei sage ich wertschätzende Sachen wie „schön, dass du das schon erledigt hast“ und „mensch, du hast ja heute viel geschafft“. Fiel mir am Anfang schwer, aber ich hab jedes Mal gesehen, wie sie aufgeblüht ist. Gehe wieder gern auf Arbeit.“


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